Jahresbericht 2003


Danksagung

Wir danken allen, die unsere Arbeit gefördert und unterstützt haben:

Wir wissen, daß hinter allem und allen die Hand unseres treuen Gottes wirkt.

Rechtsgrundlagen

Im Berichtsjahr haben sich noch keine Änderungen ergeben. Aber es ziehen Wolken auf: eine Reform des Betreuungsrechts ist geplant. Im Sommer haben die Landesjustizminister einen Bericht einer Arbeitsgruppe veröffentlicht, der eine Reihe von Veränderungen mit sich bringen soll. So soll unter anderem die Betreuervergütung pauschaliert werden. Eine erste Vergleichsrechnung zwischen jetzigen Vergütungen und neuen Pauschalen erbrachte für den Betreuungsverein ein Minus von 30 %, das heißt, daß nicht nur die Einnahmen für die Sachkosten fehlen, sondern auch ein Teil der Gehälter nicht mehr erwirtschaftet werden kann. Woran liegt das?

Die Pauschalen differenzieren nur noch zwischen Dauer der Betreuung (erstes Vierteljar, zweites Vierteljahr, zweites Halbjahr der Betreuung und später) und Status des Betreuten (Haushaltsbewohner oder Heimbewohner). Andere Faktoren zählen nicht mehr. Auch die Auslagen werden pauschaliert, je vergütete Stunde 3 €. Am Tag bevor dieses Papier bei uns bekannt wurde, haben wir eine Betreuung einer Heimbewohnerin aus dem Landkreis übernommen. Für sie würde, weil die Betreuung vorher der Sohn geführt hat, nur eine Pauschale von 2 x 34 € je Monat (Vergütung und Auslagen zusammen) genehmigt. Diese Dame besitzt ein Mehrfamilienhaus im Ruhrgebiet, wenn der Verantwortliche für das Sachvermögen einmal im Jahr hinfährt, mit den Mietern spricht und nach dem Rechten sieht, sind 120 € für die Fahrkarte und 10 Stunden An- und Abfahrt fällig, ohne daß auch nur ein Wort gesprochen ist. Das ist ohne Taschenrechner zu bewältigen, was das für die finanzielle Grundlage des Vereins bedeutet.

Unsere Betreutenstruktur muß also verändert werden, sonst kann der Verein den Tag seines Konkurses berechnen. An erster Stelle sind die weiter entfernten Betreuten abzugeben. Dies bedeutet einen Abbruch an Beziehungen und Kontinuität, am Beispiel eines Mannes aus Hilpoltstein: 1995 bekommt er einen Betreuer aus der Familie, wegen psychischer Erkrankung, 1998 gibt der Familienangehörige auf, die Betreuung wird beruflich geführt. Nach Sachbeschädigung und gefährlicher Brandstiftung im Zustand einer Psychose kommt er Anfang 1999 in die Psychiatrie und Mitte 1999 bis Mitte 2001 in ein Übergangswohnheim. Im Sommer 2001 kommt er in ein Heim für psychisch Kranke in Mittelfranken. Dort stabilisiert er sich und kann nach einem halben Jahr in eine Außenwohngruppe ziehen. Die Familie verweigert den Kontakt wegen menschlicher Überforderung (wer will richten?). Der Berufsbetreuer ist nach dem mehrfachen Einrichtungswechsel der einzige, der seine Geschichte wenigstens teilweise miterlebt hat, das Auf und Ab kennt und auch seine Familie kennt. Diese Betreuung ist unter den neuen Bedingungen nicht zu halten, weil allein die An- und Abfahrt mehr Zeit braucht und Kosten verursacht als pauschal vergütet werden.

Als zweites sind vorrangig solche Betreuungen aufzunehmen, in deren Umgegend wir bereits arbeiten, das sind bei den Heimen die Einrichtungen in Hilpoltstein - Auhof und Zell und die Arbeiterwohlfahrt in Roth. Darüberhinaus konzentrieren wir uns mit Neuaufnahmen auf den räumlichen Bereich der Kreisstadt Roth und der umliegenden Gemeinden und Städte Hilpoltstein, Georgensgmünd, Büchenbach und Spalt.

Weiter wird es eine Kooperation auf kollegialer Ebene geben. Abgaben von verziehenden Betreuten und im Gegenzug Aufnahmen von Betreuten in der Nähe, wurden bereits angesprochen und konzipiert.

Klar ist aber auch, daß es ohne eine Erhöhung der "Fallzahlen" nicht gehen wird. Soweit sich diese im näheren Umfeld bewegen, muß das für die Betroffenen keine Minderung der Qualität bedeuten, auszuschließen ist es aber nicht.

An dieser Stelle sei eingefügt, daß die Gerichte unsere Zeitberechnungen durch die Bank akzeptieren. Bis Jahresende wurden für 2003 0,00% der Zeitabrechnung storniert, in den Vorjahren lag die Stornoquote jeweils unter 0,30% der berechneten Zeit, das waren aber Tippfehler bei der Dateneingabe, keine inhaltlichen Zurückweisungen, etwa weil ein Brief zulange gedauert hat oder ein Besuch überflüssig gewesen wäre.

Gegen Jahresende zeigt sich, daß diese Strategie das kalkulatorische Defizit verringert, ob es ausreicht, ein rechnerisches Defizit zu vermeiden, wird das Jahr 2005 zeigen, weil die ursprünglich für den 1.1.2004 geplante Reform auf den Januar 2005 verschoben wurde.

Betreuungsarbeit

Statistik:
Stand der Betreuungen am Jahresanfang 53
übernommen 13
abgegeben 8
Stand der Betreuungen am Jahresende 58

Aufteilung am Jahresende absolut relativ
Geschlecht männlich 36 62,07%
weiblich 22 37,93%
Herkunft Landkreis Roth 51 87,93%
Stadt Schwabach 7 12,07%
Zuständigkeit Gericht Schwabach 33 56,90%
Gericht Hilpoltstein 20 34,48%
andere 5 8,62%
Alter bei Übernahme der Betreuung unter 45 22 37,93%
unter 65 16 27,59%
über 65 20 34,48%
Hauptdiagnose Geistige Behinderung 12 20,69%
Pflegebedürftigkeit 15 25,86%
Psychische Erkrankung 22 37,93%
Gehörlosigkeit 10 17,24%
sonstige 0 0,00%
Lebenssituation am Jahresende eigener Haushalt / Wohnung 15 25,86%
Heim / Bes. Wohnung 43 74,14%
Anmerkungen zur Statistik

Die Frage der "Fallzahlen" bewegt die Diskussion, wie wir meinen in falschem Zusammenhang. Es wird eifrig diskutiert, wieviele Betreuungen ein hauptamtlicher Mitarbeiter führen kann. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, daß Betreuungen sich weniger nach Fallzahl, sondern mehr nach Zeitaufwand bestimmen. So läßt sich denn auch nachweisen, daß im gleichen Jahr der eine Fall 20 Minuten, der andere 150 Stunden benötigte. Unter solchen Bedingungen Obergrenzen für Fallzahlen festlegen zu wollen, beweist die Unkenntnis der Arbeitssituation. Das hat uns 2002 bewogen, keine Fallzahlen zu veröffentlichen. Wenn wir es dieses Jahr wieder tun, dann wegen der Überschaubarkeit der Statistik und mit dem Hinweis, daß aufgrund besonders günstiger Bedingungen bei unserer Arbeit eine größere Zahl von Betreuungen möglich ist, weil wir kurze Wege haben und weil ein erheblicher Teil der Betreuten sich auf drei große Heime in Roth und Hilpoltstein konzentriert. Das erspart Wegezeiten und ermöglicht mit den Häusern eine rationelle Kommunikation.

Zum Gedenken

Die Betreuung endet mit dem Tod. Was für die juristische Logik ein Ausschluß- Kriterium ist (daraus folgt nämlich, daß der Betreuer nicht für die Beerdigung sorgt und nicht den Nachlaß verwaltet), ist für die Betreuungsarbeit anders: Die Betreuung geht bis zum Tod. Es gehört zu den Aufgaben eines Betreuers, bis in die Todesstunde hinein für einen hilflosen Menschen rechtlich zu sorgen. In diesem Zusammenhang ist es für uns selbverständlich, daß der Betreuer auch an der Beisetzungsfeier teilnimmt, wenn es eine gibt (was bei manchen alleinstehenden Menschen nicht der Fall ist) und sie in erreichbarer Nähe ist.

Wir wollen an dieser Stelle der Menschen gedenken, die im vergangenen Jahr aus unserem Betreutenkreis verstorben sind. Aus Gründen der Schweigepflicht können Sie hier nur ohne Nachnamen genannt werden:

Querschnittsaufgaben

  1. Medienarbeit
    • Versand des Jahresberichts an Multiplikatoren
    • Pressebericht über neuen Prospekt "Sterben Erben und Vererben im Betreuungsrecht"
    • Schreiben an die Landtagsabgeordneten wegen der Schließung des Vormundschaftsgerichts Hilpoltstein
    • Presseartikel zum Schreiben an die Landtagsabgeordneten
  2. Vorträge zum Themenkreis Betreuungsrecht, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung:
    • Diakonische Dienste Neuendettelsau, Angehörigenberatung
    • Evang. Kirchengemeinde Hilpoltstein, Seniorenkreis
    • VdK und VHS Spalt
    • VHS Röttenbach
    • Senioren Aktiv der Evang. Kirchengemeinde Roth
    • VdK und VHS Heideck
  3. weitere Veranstaltungen und Aktivitäten
    • Teilnahme am Seniorentag des Landkreises Roth
    • Informationsstand beim Eltern- und Betreuertag im Auhof
  4. Sprechstundenbesuche und -anrufe, Einzelfallarbeit:

    Während der Schulzeit findet zweimal im Monat am Montag von 18.15 Uhr bis 19.15 Uhr eine Sprechstunde statt, die regelmäßig im Veranstaltungskalender der Roth- Hilpoltsteiner Volkszeitung angekündigt wird. Daneben melden sich ehrenamtliche Betreuer oder Angehörige von Menschen, die unter Betreuung stehen natürlich auch außerhalb dieser Zeit und bitten um Beratung. Seit Mobiltelefone weit verbreitet sind (auch beim Verein) werden mehr Gespräche in der Zeit zwischen Dienstschluß und Abend geführt, wenn zuhause das dienstliche Handy angeschaltet ist.

    Themen in diesem Zusammenhang waren:
    • Gibt es die Vorsorgevollmacht als Internet-Datei?
    • Was können Angehörige tun, wenn die Betreuerin (und Ehefrau) keinen Verwandten mehr zum Betreuten lässt und keine Auskunft über den Gesundheitszustand gibt?
    • Einleitung einer Betreuung für Ehemann auf der Intensivstation
    • Adressen von Fachgeschäften für Rollstuhlbedarf
    • Beratung einer Mutter eines 20jährigen Betreuten: die Betreuerin verweigert den Kontakt zur Familie
    • Betreuung für hochbetagte Eltern, die sich nicht helfen lassen wollen
    • Anfrage einer Dienststelle, wie eine bestehende Betreuung festgestellt werden kann
    • Mutter mit Schlaganfall - Einleitung einer Betreuung oder Vollmacht?
    • Informationen zu Vorsorgevollmacht für ein Ehepaar
    • Sozialhilfebezug einer Betreuten im Heim
    • Beratung der Kurzzeitpflege wegen Einleiten einer Betreuung
    • Angehörige wegen Einleiten einer Betreuung
    • Übernahme einer ehrenamtliche Betreuung gewünscht; Kontakt zur Betreuungsstelle
    • Vorsorgevollmacht, Beratungswunsch abgelehnt, verbietet das Rechtsberatungsgesetz
    • Was ist ein Verfahrenspfleger?
    • Sozialhilfebezug bei der Betreuten wird nötig, Konsequenzen für Betreute, Angehörige und Betreuer
    • Bestattungsvorsorge und Sozialhilfefrage
    • Gebührenpflicht bei einer Betreuung, die wegen Tod des Betreuten nur 14 Tage dauerte
    • epileptischer Vater, Einleitung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuung?
    • Aufwandspauschale für ehrenamtliche Betreuer
    • Einleitung einer Betreuung im Pflegeheim
    • Einleitung einer Betreuung bei Interessenskonflikt in der Familie
    • Übernahme einer Betreuung durch eine 19jährige Frau? Frage der Eignung
    • Bestattungsvorsorge bei Sozialhilfebezug
    • Konflikt um Wirkungskreise mit dem Vormundschaftsgericht
    • Betreuung Teilung zwischen Brüdern wegen Übergabgevertrag der Mutter
    • Anfrage des Vormundschaftsgericht zum Vermögen, obwohl keine Vermögensbetreuung besteht
    • Freiheitsentziehung durch Fixierung im Rollstuhl; der Betreuer wurde nicht gefragt
    • Einsetzen von zwei Söhnen als ehrenamtliche Betreuer: Aufteilung, Arbeitsteilung
    • Betreuter beschwert sich über Betreuer: unzuverlässig, Verfahren Betreuerwechsel erläutert
    • Einleitung einer Betreuung für alleinstehende Tante
    • Errichtung einer Vorsorgevollmacht mit Ersatzbevollmächtigtem bei kinderlosem Paar
    • Vollzug eines notariellen Vertrags über finanzielle Vorsorge
    • Anfrage einer Bank wegen Vorsorgevollmacht
    • ehrenamtlicher Betreuer fragt nach Arbeitshilfen, Handbuch für Betreuer
    • Befreiung von der Gurtpflicht bei behindertem Betreuten
    • Ausfüllen des Vermögensverzeichnisses am Beginn der Betreuung
    • Angehörige im Betreuungsverfahren

    Neben fachlichen Fragen stehen häufig die persönlichen Belastungen in diesen Situationen, gerade für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer im Mittelpunkt der Gespräche. Die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme am Abend wird auch aus dem Betreutenkreis gerne genutzt, zum Beispiel von berufstätigen Angehörigen.

  5. Internetauftritt

    Die Homepage wird gut angenommen, fast 1700 Aufrufe sind zwar keine werbewirksamen Zahlen, zeigen aber die zunehmende Akzeptanz. Der Jahresbericht wird wieder online eingestellt, auch werden die Angebote zu Vorsorgevollmachten etc. dort veröffentlicht.

Vorsorgevollmachten

Wir informieren über Vorsorgevollmachten, wie der Gesetzgeber es uns aufgibt. In der letzten Zeit wird ausschließlich die gelungene Broschüre des Bayr. Justizministeriums verwendet, nachdem die eigene Broschüre der Betreuungsstellen und der Betreuungsvereine Roth / Schwabach vergriffen ist. Das Bayr. Sozialministerium ist der Meinung, daß Betreuungsvereine als Adressaten für eine Vorsorgevollmacht in Frage kommen, das Bay. Justizministerium vertritt den Standpunkt, daß für die rechtlichen Angelegenheiten dann die Vereine einen Rechtsanwalt einstellen müssen. Der Spitzenverband hat mitgeteilt, daß für die Tätigkeit der Vereinsmitarbeiter als Bevollmächtigte kein Versicherungsschutz besteht.

Unsere Mitgliederversammlung hat deshalb beschlossen, keine Vorsorgevollmachten mehr entgegenzunehmen, weil eine Tätigkeit, die nicht versicherbar ist, niemanden zugemutet werden kann und die Einstellung eines Rechtsanwalts (für den dann ganz andere Versicherungen abgeschlossen werden müssen und können) auch ausscheidet. Wir nehmen ausschließlich Betreuerverfügungen an. Dies bedeutet für die Betroffenen keine Verschlechterung, weil der betreffende Mensch, der die Angelegenheiten stellvertretend besorgen soll, ja der gleiche ist. Für den Verein ist diese Konstruktion aber existenziell.

Vormundschaften für Minderjährige

werden vom Verein derzeit nicht geführt.

Stellenplan

Fortbildungen

Vernetzung

Mitarbeit im Arbeitskreis Betreuungsgesetz bei der Betreuungsstelle Roth, in der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Roth / Schwabach, im Arbeitskreis Betreuungsgesetz des Diakonischen Werks Bayern und im Verein "Lebensräume für Alzheimerkranke und Angehörige e.V."

Vereinssituation

Ende April 2003 erreicht uns die Nachricht, daß der beantragte Zuschuß des Landkreises Roth für 2002 rückwirkend um rund 10 % gekürzt werden muß. weil die Haushaltsmittel nicht ausreichen. Wir werden reagieren müssen, in dem wir Ausgaben senken:

Ende des Jahres 2003 wird bekannt, daß die Finanzsituation des Landkreises eine weitere Einsparung, das heißt Minderung des Zuschusses bringen wird. Wir warten die Bewilligung des Jahreszuschusses ab, dann werden wir weiter entscheiden. Wenn der Landkreis nur noch einen Teil der Unkosten für die Querschnittsarbeit finanziert, kann nicht erwartet werden, daß die Angebote ungeschmälert aufrecht erhalten werden, zumal die Quersubvention aus dem Bereich der Betreuerarbeit wegen der zu erwartenden Pauschalen auch ausfallen wird. Eine Reduzierung der Sprechstunden, Schutzgebühren für Prospekte, Honorare und Fahrtkosten für Vorträge, werden zu prüfen sein.

Verantwortlich: Gerhard Wendler